PROJEKT Nachwuchswissenschaftler aus sechs Schulen stellen Ergebnisse von „Gießener Jugendliche forschen“ vor / Von studentischen Mentoren betreut
Von Eva Pfeiffer
Gießener Anzeiger vom 17.11.2017, S. 15
GIESSEN . Können Ameisen Farben sehen? Welche Auswirkungen hat eine vegane Ernährung auf fleischfressende Pflanzen? Und gibt es eine umweltverträgliche Alternative zu Styropor? Das sind nur einige der Fragen, mit denen sich die Teilnehmer von „Gießener Jugendliche forschen“ (GiJuFo) in den zurückliegenden Monaten beschäftigt haben. An dem Projekt von Hermann-Hoffmann-Akademie und Institut für Biologiedidaktik der Justus-Liebig-Universität (JLU) beteiligten sich 58 Nachwuchswissenschaftler von sechs Schulen aus Gießen und Umgebung. Ihre Ergebnisse stellten die Jugendlichen nun vor.
Einer von ihnen war Liebigschüler Aron Hels. Für sein Projekt hat er sich mit „Mikroplastik im Fisch“ beschäftigt. „Ich wollte wissen, welche schädlichen Sachen in unserem Essen sind“, erzählt der Neuntklässler im Gespräch mit dem Anzeiger. Dafür hat er zusammen mit seiner studentischen Mentorin auch selbst einen Fisch seziert – mit erschreckendem Ergebnis: „In 100 Gramm Fisch haben wir 76 Mikroplastik-Partikel gefunden.“ Hochgerechnet auf den gesamten Fisch sind das sogar 410 Partikel. Den Döbel hatte ein Gärtner der JLU vor den Färöer Inseln gefangen. „Wie würde ein Fisch aus dem Mittelmeer oder aus dem asiatischen Raum aussehen?“, fragt sich Aron Hels. Tipps zur Plastikmüllvermeidung hat der junge Forscher auch parat: Papier- statt Plastiktüten nutzen und Wasser und Joghurt besser in Glas kaufen. Zudem lohne in der Drogerie ein Blick auf die Verpackung: „Alle meine Duschgele haben Mikroplastik enthalten. Das war schockierend.“ Es gebe jedoch Hersteller, die auf Mikroplastik verzichten.
Leonie Dirschauer und Andrea Herzberger von der Theo-Koch-Schule in Grünberg haben wiederum ein Anti-Wespen-Spray entwickelt. Es besteht aus Citronella, Lavendel-, Teebaum- und Gewürznelkenöl. Die ätherischen Öle, so Leonie Dirschauer, hätten eine abschreckende Wirkung auf Wespen, würden den Tieren aber nicht schaden. „Wir wollen sie ja nicht töten, sondern sie umweltfreundlich vom Menschen fernhalten.“ Die Wirksamkeit ihres Sprays haben sie anhand eines selbst gebauten Modells überprüft. Damit das Spray für die menschliche Nase angenehm ist, haben die Abiturientinnen Probanden das ideale Mischverhältnis erschnuppern lassen.
Tiere standen auch bei Sarah Bauer und Thalea Menge im Mittelpunkt. Die Schülerinnen des Landgraf-Ludwigs-Gymnasiums haben das Verhalten von Mongolischen Wüstenrennmäusen untersucht. Die drei Mäuse „Muffin“, „Minnie Maus“ und „Big Mama“ sollten ihren Weg durch ein Labyrinth finden, das die beiden Schülerinnen selbst gebaut hatten. „Wir haben nicht nur beobachtet, sondern auch ein Verhältnis zu den Tieren aufgebaut. Anfangs waren sie sehr scheu“, erinnert sich Thalea Menge. Unterstützt wurden die Jugendlichen von studentischen Mentoren, die sich so auch auf ihren späteren Lehrerjob vorbereiten. „Wir können hier praktische Erfahrungen sammeln und sind freier in der Gestaltung, als wenn wir ein normales Seminar besuchen“, sagt Hildegard Sicker.
Prof. Hans-Peter Ziemek, der „GiJuFo“ 2015 gemeinsam mit Julian Roth ins Leben gerufen hatte, freute sich über die hohe Teilnehmerzahl und präsentierte den Nachwuchsforschern einen Rippenbogen des bei Husum gestrandeten Pottwals. Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz lobte, dass interessierte Schüler Themengebiete abseits des Schulunterrichts entdecken könnten: „Aus eigenem Interesse lernt es sich am besten.“ Und vielleicht sei unter ihnen auch „ein Nobelpreisträger von morgen“. In Gießen gebe es jedenfalls genug bekannte Wissenschaftler als Vorbilder.
„Gießener Jugendliche forschen“ : Theo-Koch-Schule Grünberg ebenfalls mit zwei Projekten vertreten
„Gießener Jugendliche forschen“ (kurz: GiJufo) ist ein Projekt der Hermann-Hoffmann-Akademie (HHA) und des Institutes für Biologiedidaktik der JLU Gießen für naturwissenschaftlich interessierte Schülerinnen und Schüler aus dem Landkreis Gießen. Es wurde 2015 gemeinsam von Prof. Dr. Hans-Peter Ziemek und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Julian Roth in Leben gerufen.
Bei diesem Projekt bietet sich die Möglichkeit für Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 5-13 Forschugsideen, -themen und projekte aus verschiedenen naturwissenschaftlichen Bereichen selbständig zu erforschen.Betreut und angeleitet werden sie von studentischen Mentor/innen, die im Institut für Biologiedidaktik eigens dafür ausgebildet und vorbereitet werden.
Das Projekt startete nach den Osterferien und am 15.11.2017 wurden in den Räumlichkeiten der HHA in Gießen, im Rahmen eines „Wissenschaftsfestivals“, von allen Schülergruppen die Forschungsergebnisse präsentiert.
Auf Initiative von TKS-Lehrer Thorsten Ißleib waren zum weiten Mal auch zwei Schülerinnen und ein Schüler der Theo-Koch-Schule Grünberg dabei. Andrea Herzberger und Leonie Dirchauer präsentierten ihr Projekt „Wie man Wespen fernhält“ und Till Spissinger „Geruchsneutralisierung von Kunststoffen“. Insgesamt 18 Präsentationen wurden von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (sog. „Science Coaches“) der JLU Gießen begutachtet und kommentiert.
Im Gegensatz zu anderen Forschungswettbewerben wurden hier allerdings keine Platzierungen vergeben. Den Schülerinnen und Schülern soll durch dieses Projekt die Möglichkeit gegeben werden, ihre Ideen und Forschungen einem breiten Publikum vorzustellen und weitere Anregungen durch die „Science Coaches“ zu bekommen. Somit gab es am Präsentationstag nur Gewinner!