Gießener Allgemeine Zeitung vom 02.04.2025

An der TKS richten Schüler im Rahmen einer Podiumsdiskussion ihre Fragen an die Politikexperten Dr. Helmut Breitmeier (l.) und Dr. Dorothée de Nève (r.). In der Mitte: Moderator Luke Schaaf. © Constantin Hoppe
Bundestagswahl, Migration und Donald Trump – drei Themen, die die aktuellen politischen Debatten stark bestimmen. Bei einer Podiumsdiskussion richteten Schüler der Grünberger Theo-Koch-Schule ihre Fragen dazu an Politikexperten der JLU.
Die Bundestagswahl, die Neuausrichtung der internationalen Zusammenarbeit der USA unter Präsident Donald Trump und der Ukraine-Krieg haben die politische Landschaft in Deutschland, Europa und der Welt verändert. »Wir stehen vor einer Zeitenwende«, sagte Jörg Keller, Schulleiter der Grünberger Theo-Koch-Schule, zu Beginn einer jüngst dort erfolgten Podiumsdiskussion.
Diese hatte die dortige Schülervertretung organisiert und dafür die Politologen Prof. Dr. Helmut Breitmeier und Prof. Dr. Dorothée de Nève von der Justus-Liebig-Universität in Gießen als Gesprächspartner gewonnen.
»Deutschland, Europa und die ganze Welt stehen vor großen Herausforderungen«, sagte der kurzfristig als Moderator eingesprungene Schulsprecher Luke Schaaf zur Eröffnung der Diskussionsrunde in der Aula. Das beschäftigt auch die Jugend, schließlich wird sie in wenigen Jahren mit den Folgen dieser Entwicklungen konfrontiert sein. Dafür hatten die Schüler im Vorfeld einige Fragen an die beiden Experten gesammelt.
Und was interessierte die Schüler besonders stark? Das war zum einen eine Einordnung der Ereignisse der Bundestagswahl im Februar. Mitten im Wahlkampf wurde die Abstimmung zur Verschärfung der Migrationspolitik von der CDU mit Stimmen der AfD durchgesetzt. Man schaue weder nach links noch nach rechts, hatte CDU-Chef Friedrich Merz dazu erklärt. Von den Experten wollten die Schüler ihre Einschätzung zur Bedeutung dieser Abstimmung wissen. Alles andere als eine »Aufwärmfrage«, befand de Nève: »Da haben wir etwas erlebt, das die deutsche Öffentlichkeit aufgewirbelt und die politische Landschaft auf unerwartete Weise verschoben hat.« Im Falle dieser Abstimmung merke man einen Riss, der durch die Union gehe.
Viel überraschter sei sie aber angesichts der damit einhergehenden Diskussionen im Bundestag gewesen: »Wie da diskutiert wurde, mit so viel Häme und Unsachlichkeit. Das war schmerzhaft zu sehen.« Letzten Endes hätten die Folgen dieser Abstimmung Merz’ politischer Position aber eher geschadet als sie gestärkt, befand de Nève.
Generell hat das Thema Migration die Bundestagswahl so stark beeinflusst wie kein anderes. Doch zu Unrecht, befand Breitmeier: »Wir sind thematisch derzeit verfangen in der Migrationsproblematik. Dabei haben wir noch viel mehr Probleme.« Ja, es gebe dabei Probleme, so habe man es versäumt, viele der Menschen, etwa aus Syrien, in die Gesellschaft zu integrieren. »Jede Zeit hat ihre Erzählungen«, sagt Breitmeier. »Bei uns heute ist es die Gefahr von draußen. Die Fremden, die zu uns hinein wollen und Probleme bereiten.« Deutschland profitiere enorm von offenen Grenzen. »Wir sind Exportweltmeister, aber um diesen Status zu erhalten, brauchen wir die offenen Grenzen.«
Breitmeier merkte an, man dürfe sich nicht wundern, dass Menschen auch ökonomisch von der Rolle Deutschlands profitieren wollen und ihr Weg sie hierher führe. »Die Welt ist deutlich komplexer, als sie uns in solchen Erzählungen dargeboten wird.«
Was das Schülerinteresse direkt weiter zum Erstarken der AfD auf Bundesebene führte. »Ist es rechtlich und moralisch überhaupt in Ordnung, die AfD bei der Regierungsbildung auszuschließen, obwohl rund 21 Prozent sie gewählt haben?«, wollte ein Schüler wissen. »Definitiv«, lautet die Antwort de Nevés darauf. »Es gibt in einem parlamentarischen System selten komfortable Mehrheiten, und man muss sich Bündnispartner suchen, mit denen man klarkommt. Es gibt keinen Anspruch darauf, dass Parteien an einer Regierungsbildung beteiligt werden, wenn sie eine gewisse Größe erreichen.«
Das Interesse der Schüler reichte weit über Deutschland hinaus. Besonders die aktuellen Entwicklungen in den USA bereiten ihnen Sorgen. »Wir müssen als Europa eine gemeinsame Sprache gegenüber den USA finden«, meinte Breitmeier. »Denn Donald Trump versteht nur die Sprache von Macht und Stärke.« Doch auch davon abgesehen, müsse man sich klarmachen, dass die 70-jährige Friedenszeit unter dem Schutz der USA vorbei sei. »Wir werden in Zukunft nicht mehr jedes Problem gemeinsam mit den USA lösen können«, sagte Breitmeier. »Die Welt hat sich verändert und wir müssen schauen, wie wir uns um uns selbst kümmern können.«
Das Interesse der Schüler reichte weit über Deutschland hinaus. Besonders die aktuellen Entwicklungen in den USA bereiten ihnen Sorgen. »Wir müssen als Europa eine gemeinsame Sprache gegenüber den USA finden«, meinte Breitmeier. »Denn Donald Trump versteht nur die Sprache von Macht und Stärke.« Doch auch davon abgesehen, müsse man sich klarmachen, dass die 70-jährige Friedenszeit unter dem Schutz der USA vorbei sei. »Wir werden in Zukunft nicht mehr jedes Problem gemeinsam mit den USA lösen können«, sagte Breitmeier. »Die Welt hat sich verändert und wir müssen schauen, wie wir uns um uns selbst kümmern können.«