„Das hat bestimmt noch kein C-Kurs gemacht“ – Achtklässler verfassen Kurzgeschichten

Alltagsnah sollten sie sein, mit unvermitteltem Einstieg und offenem Ende: die Geschichten für das Schreibprojekt des C-Kurses Deutsch der achten Jahrgangsstufe unter der Leitung von Christina Krimke. Entstanden ist eine Kurzgeschichtensammlung, die es in sich hat. Wie ist es dazu gekommen?

Mit mäßigem Interesse – Deutschlehrkräfte kennen das – hatten sich im Herbst des letzten Jahres die vierzehn Kursteilnehmer/-innen mit dem Lehrplanthema Kurzgeschichten beschäftigt. Dabei lasen sie eine Story über Rolf, der von seinem Mitschüler gemobbt wird, aber von Eltern und Lehrern keine Hilfe bekommt. Als Frau Krimke dem Kurs vorschlug, Fortsetzungen zu schreiben, änderte sich die Stimmung. „Plötzlich war mein sonst eher semi-begeisterter Kurs motiviert, Lösungen zu finden, dem Schicksal der Hauptfigur eine positive Wendung zu geben“, schreibt sie in ihrem Vorwort. „Die Geschichte von Rolf schaffte, was sonst kaum ein Thema schafft: zu berühren, aus der Lebenswelt zu berichten, die den Kids geläufig ist. Empathie auszubilden.“

Als schließlich die Idee aufkam, einen Kurzgeschichtenband zusammenzustellen, waren alle begeistert: „Alter, ich schwör, das hat bestimmt noch kein C-Kurs gemacht!“, wird ein Kursteilnehmer im Vorwort des Kurzgeschichtenbandes zitiert.

Ganz unterschiedlich gingen die Schülerinnen und Schüler an die gestellte Aufgabe heran: Einige arbeiteten alleine zu Hause, andere im Team. Manche holten sich ihre Ideen aus dem Alltag, wieder andere ließen sich von Serien oder Computerspielen inspirieren, wie Daniel, Autor der Kurzgeschichte ‚ES ist im Wald‘ (nach der Serie ‚Dr. House‘ und den PC-Spielen ‚Firewatch‘ und ‚Do You Copy‘), oder Jenny, die eine Kurzgeschichte in Tagebuchform schrieb (nach der Serie ‚Vampire Diaries‘).

Der kreative Prozess war für alle eine Herausforderung: „Es war schwer, einen Anfang zu finden“, erzählt Laura, Verfasserin der Kurzgeschichte ‚Verloren‘. „Und als ich endlich etwas auf dem Blatt stehen hatte, gefiel es mir nicht, ich strich es durch und fing wieder von vorne an. Ich bin ungeduldig und will immer alles perfekt machen. Das machte die Sache ziemlich kompliziert.“ „Zuerst habe ich mir Stichpunkte gemacht“, berichtet Ilja, Verfasser der Kurzgeschichte ‚Die komischen Stimmen im Kopf‘. „Danach bin ich rumgegangen und habe mir Inspiration von den anderen geholt. Ausformuliert habe ich meinen Text dann direkt am PC.“

„Die Arbeit mit dem Rechtschreibprogramm des Computers war sicher für alle ein Gewinn“, sagt Deutschlehrerin Krimke. „Aber besonders profitiert haben natürlich die Schülerinnen und Schüler mit Lese- und Rechtschreib-Schwäche oder mit besonderem Förderbedarf.“ Stark gefordert wurden auch die mehrsprachigen Schüler, wie Abdullah, dessen Muttersprache das Arabische ist und der seit vier Jahren Deutsch lernt, oder Lewis, der mit Spanisch und Englisch aufgewachsen ist und seit drei Jahren Deutsch lernt: Beide Schüler haben jeweils eigene Geschichten zu der Sammlung beigesteuert.

„Einige Kids haben es nicht geschafft, ihre Gedanken zu Papier zu bringen“, sagt Christina Krimke. „Auch das gehört dazu.“ Zum Beispiel Jonas: „Früher habe ich gerne Kurzgeschichten geschrieben“, erzählt er. „Und ich hatte auch einige Ideen. Aber es fiel mir schwer, eine Situation aus dem Alltag zu beschreiben. Fantasy finde ich viel leichter, da kannst du schreiben, was du gerne hättest.“

Freuen können sich die Schülerinnen und Schüler des 8er-Deutschkurses auf den Präsentationsnachmittag in der Projektwoche, wenn die BiSS und Birne-Awards für das Schuljahr 2019/20 an besonders engagierte Schüler/-innen verliehen werden: Ihr Kurzgeschichtenband ist für die Kategorie ‚Innovatives Unterrichtsprojekt‘ nominiert. Zusätzlich wird noch ein Einzelpreis für die beste der zwölf in dem Kurzgeschichtenband enthaltenen Geschichten vergeben. Engagement lohnt sich!