Gießener Anzeiger vom 21.01.2022, S. 23

Ministerin Sinemus (vorn links) übergibt den Förderbescheid an Landrätin Schneider (rechts). Stadträtin Eibelshäuser (SPD), der Geschäftsführer der Breitband Gießen GmbH Stefan Becker, Telekom-Regio-Manager David Schmidt, Schulleiter Jörg Keller, Schuldezernent Lipp und Grünen-Landtagsabgeordnete Katrin Schleenbecker (von links) schauen zu. Foto: Kächler

89 Schulen im Landkreis Gießen sollen einen Breitbandanschluss bekommen. Unter anderem dafür ist die Förderung vorgesehen, die Digitalministerin Sinema in Grünberg übergab.

Kreis Gießen (klk). »Ein Lehrbuch kann heute nicht mehr wichtiger sein als ein IT-Endgerät für Schüler«, rief Schulleiter Jörg Keller den Politikern zu, die sich anlässlich der Übergabe eines Förderbescheides für den Landkreis Gießen in der Theo-Koch-Schule (TKS) in Grünberg eingefunden hatten. Er freute sich über die Initiative von Land und Kreis, denn just am gleichen Tag wurde der langersehnte Breitbandanschluss für die integrierte Gesamtschule in der Gallusstadt fertiggestellt.

Mit immerhin 10,6 Millionen Euro der Landesregierung wolle man den weiteren Ausbau des Glasfasernetzes im Landkreis Gießen sowie die gigabitfähige Anbindung von 89 Schulen fördern, betonte Digitalministerin Professorin Kristina Sinemus (CDU) und übergab den Förderbescheid an Landrätin Anita Schneider (SPD). Trotz eines Gipsbeins (»Achillessehnenabriss beim Volleyball«) war Sinemus nach Grünberg gekommen, um, wie sie sagte, die Bedeutung des Breitbandausbaus für Schulen deutlich zu machen.

Rund 35 500 Schülerinnen und Schüler im Kreis würden bis Ende 2022 von dem schnellen Internet profitieren, denn bis dahin sollen alle Schulstandorte angeschlossen sein.

Neben der zusätzlichen Anbindung zahlreicher weiterer Gebäude an das Glasfasernetz werden in einer weiteren Ausbaustufe öffentliche Einrichtungen wie Rathäuser und Feuerwehrhäuser sowie außenliegende Höfe und Gewerbestandorte angeschlossen.

Zwei Prozent fehlen

Wie Sinemus weiter ausführte, verfügten 1549 der rund 2000 Schulen in Hessen mittlerweile über einen gigabitfähigen Internetanschluss. »Das sind 77 Prozent.« Der Landkreis unterstreiche mit dem Ausbauvorhaben zudem seine Vorreiterrolle im Bereich des flächendeckenden Glasfasernetzes. Damit stärke er nicht nur seine digitale Infrastruktur, sondern auch den Bildungsstandort Mittelhessen.

Seit 2011 baut der Kreis das Breitbandnetz in mehr als 100 Ortsteilen kontinuierlich aus: Fast 98 Prozent der Haushalte könnten mit Bandbreiten von mindestens 50 Mbit/s surfen, erläuterte Landrätin Schneider. Damit liege der Landkreis Gießen über dem gesamthessischen Durchschnitt von 96,6 Prozent. »Nur zwei Prozent fehlen uns noch, doch der jetzt dafür geplante Ausbau bringt Investitionskosten von mehr als 26 Millionen Euro mit sich«, erläuterte Schneider. Die förderfähigen Ausgaben würden zu 40 Prozent vom Land und zu 50 Prozent vom Bund finanziert.

Schneider dankte der Ministerin und allen Beteiligten ausdrücklich für eine »gute Kooperation und die wirklich schnelle Genehmigung« des Förderantrags. »Da haben wir leider schon ganz andere Erfahrungen mit dem Bund gemacht«, fügte sie hinzu.

»Innerhalb der kommenden zwei Jahre sollen durch unsere Ausbaustrategie alle Schulen in Stadt und Landkreis sowie weitere öffentliche Einrichtungen ans Glasfasernetz gehen«, erklärte die Landrätin. »Dies ist ein Meilenstein auf dem Weg zum flächendeckenden Glasfasernetz. Leistungsfähige Datenverbindungen tragen zur Zukunftsfähigkeit in allen Bereichen des täglichen Lebens bei – in der Bildung ebenso wie in öffentlicher Verwaltung, Handel und Wirtschaft.«

Die Theo-Koch-Schule in Grünberg sei für den fortschrittlichen Einsatz digitaler Medien sowie das breitgefächerte Medienbildungskonzept bekannt, lobte der Erste Kreisbeigeordnete Christopher Lipp (CDU). »Im Rahmen der Medienbildungskonzepte der Schulen werden digitale Medien in den Unterrichts- und Lernprozess integriert und damit die Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler gesteigert«, erläuterte der Kreis-Schuldezernent. Glasfaser bis ins Schulgebäude und eine moderne IT-Infrastruktur seien dabei Grundvoraussetzungen auf dem Weg zum digitalen Klassenzimmer.

Gießens Stadträtin Astrid Eibelshäuser (SPD) hob hervor, dass von dem nun angestrebten Ausbau auch rund 4000 Schüler an den beruflichen Schulen in Gießen profitieren. »Damit stärken wir zukunftsweisend unsere duale Ausbildung«, so Eibelshäuser.

Zum Unterrichtsportfolio in Grünberg gehören ein »PC-Führerschein« ebenso wie Informatik-Wettbewerbe, VR-Brillen oder digitale Quizsysteme. Auch spezielle Angebote wie Medienabende für Eltern zählen dazu.

2018 erhielt die Theo-Koch-Schule den Sonderpreis des Kultusministeriums »Pi mal Tablet – Medieneinsatz im Fachunterricht«. »Wir freuen uns sehr, dass wir mit dem folgenden Breitbandausbau endlich unsere digitalen unterrichtlichen Möglichkeiten, zum Beispiel in unseren iPad-Jahrgängen, voll ausschöpfen können«, sagte Schulleiter Keller.

Geschultes Personal erforderlich

Dennoch betonte er, dass ein Highspeed-Anschluss allein nicht reiche, um die Schulen zukunftsfähig zu machen. Auch die Gebäude müssten den veränderten Bildungsangeboten angepasst werden und es gehöre mehr fachlich geschultes Personal dazu. »Was wir heute unseren Kindern vorenthalten, werden wir in Zukunft teuer bezahlen«, mahnte Keller.

Für ein erschrockenes Gesicht bei der Landrätin und einige Lacher sorgte Ministerin Sinemus beim abschließenden Fototermin: Bei der Übergabe des Förderbescheides dotierte sie diesen auf »10 000 Euro« statt auf zehn Millionen Euro, um sich dann aber gleich wieder zu korrigieren.