Pressemitteilung der TKS vom 19.09.2016
Gießener Allgemeine Zeitung vom 29.09.16, S. 47
Hass keine Alternative fürs Land
Samuel Salzborn hinterfragt, ob Rassismus wählbar wird – AfD ohne Interesse an Lösungen
G r ü n b e r g (dis). Wer AfD wähle, wolle nicht die Lösung von Problemen, sondern nur seinen Hass ausleben. Professor Dr. Samuel Salzborn fand bei seiner Ansprache in Grünberg deutliche Worte. Dort, wo noch wenige Tage zuvor Frauke Petry auf Stimmenfang ging, setzte sich der Professor für Grundlagen der Sozialwissenschaft an der Universität Göttingen mit dem Thema »Ist die neue Mitte rechts? Wie Rassismus wählbar wird« auseinander.
Eingeladen hatte den Referenten die Theo-Koch-Schule Grünberg. Seit 1996 trägt sie den Titel »Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage«. Schulleiter Jörg Keller betonte in seiner Begrüßung, dass Toleranz und Respekt wichtiger seien, als die gegenwärtigen populistischen Töne aus dem rechten Lager. Die Menschenwürde kenne keine Teilbarkeitsregel. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung sei gegen die AfD, sagte Salzborn. Nicht alle Bürger, die dieser Partei die Stimme gäben, seien rechtsradikal und die Bildung habe nichts mit dem Wahlverhalten zu tun. Ohnehin gebe es in der Bevölkerung schon seit Jahren einen Anteil von rund 25 Prozent, die fremdenfeindlich eingestellt sei, aber nicht unbedingt einer rechten Partei angehöre. Dieses Wählerpotenzial müsste bald für die AfD ausgeschöpft sein. Wichtig sei der AfD dabei, dass sie in die Presse komme, um anderen Parteien etwas entgegensetzen zu können.
Im Hinblick auf die Frage, »Ist die neue Mitte rechts?« beleuchtete er die Aussagen der Parteivorsitzenden und anderer Mitglieder der AfD, die ausweichend und in sich nicht schlüssig seien. Hinsichtlich des Schießbefehls auf Flüchtlinge, wie auch auf Mütter und Kinder beim Überklettern des Grenzzaunes, werde dies auf der einen Seite gefordert, aber andererseits darauf hingewiesen, dass es einen solche Bestimmung nicht gebe. Die große Gefahr bestehe darin, dass – wie in der Weimarer Republik – bestimmte extreme Gruppierungen und Parteien die Verfassung dazu nutzen, praktisch über die Hintertür an die Macht zu kommen, warnte Salzborn. Worte hätten ihre Bedeutung und könnten in der Geschichte nicht im leeren Raum stehen bleiben. Deshalb sei mehr Sensibilität bei der Wortwahl gefordert. Den aufgeklärten Nationen in der westlichen Welt habe man schon einmal ein Volk gegenübergestellt, das nach innen und nach außen als geschlossene Einheit, einem Befehl folgend, angetreten sei – was im Zweiten Weltkrieg mündete.
Viele Menschen in der heutigen Zeit hätten Angst vor der Zukunft, da müsse Krisenbewältigung solidarisch und nicht fremdenfeindlich betrieben werden. Dafür stehe auch der Artikel 1 im Grundgesetz: »Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.« Schließlich sollte man auch bedenken, dass Deutschland seit über fünfzig Jahren in Frieden lebe und sich zu einer pluralistischen Gesellschaft entwickelt habe, in der schon viele andere Kulturen eingeflossen sind, erklärte der Referent. Bestimmte Ansichten, wie im Hinblick auf die Rechte der Frauen, dürften aber nicht aufs Spiel gesetzt werden, und die Herkunft dürfe dabei keine Rolle spielen. Wer AfD wähle, wolle nicht die Lösung von Problemen, sondern nur seinen Hass ausleben. Insgesamt 924 Anschläge im vergangenen Jahr sind bedenklich, resümierte Salzborn.
Bürgermeister Frank Ide freute sich über den voll besetzten Saal. Viele Bürger hätten Angst, dass diese Partei weiter an Einfluss gewinnen könne. Man müsse sich mit ihren Ansichten auseinandersetzen. Auf die Schüler der TKS warteten in einer Schule ohne Rassismus in den nächsten Jahren spannende Aufgaben. Die Schuldezernentin des Landkreises Gießen, Dr. Christiane Schmahl, wies darauf hin, dass Rassismus und rechte Anschauungen derzeit in aller Munde sind. »Rechts sein« ist gegenwärtig bis weit in das Bürgertum hinein salonfähig geworden. Es sei wichtig zu analysieren, was ist daran noch konservativ und was ist rechts, rassistisch oder extremistisch, betonte Schmahl.
Gießener Anzeiger vom 28.09.16, S. 31
Salzborn: Wer AfD wählt, will nur Hass ausleben
VORTRAG Veranstaltung der Theo-Koch-Schule in der Grünberger Gallushalle
GRÜNBERG (hgs). Beim Vortrag von Professor Samuel Salzborn von der Universität Göttingen zum Thema „Ist die neue Mitte rechts? Wie Rassismus wählbar wird“, einer Veranstaltung der Theo-Koch-Schule, bezeichnete Schulleiter Jörg Keller Toleranz und Respekt wichtiger, „als die gegenwärtigen populistischen Töne aus dem rechten Lager“. Dirk Christian Bender forderte als Pate der Schule dazu auf, die Welt kennenzulernen, um dann mit einem neuen Horizont in die Heimat zurückzukehren. Bürgermeister Frank Ide meinte, viele Bürger hätten Angst, dass die AfD an Einfluss gewinnen könnte. Man müsse sich damit auseinandersetzen. Die Schuldezernentin des Landkreises Gießen, Dr. Christiane Schmahl, wies darauf hin, dass Rassismus und rechte Anschauungen derzeit in aller Munde seien. Bedenklich sei, dass gerade in den neuen Bundesländern rechtsextremes und rassistisches Gedankengut weit verbreitet sei. Es sei wichtig zu analysieren, was heute noch konservativ sei und was rechts, rassistisch oder extremistisch.
Samuel Salzborn beleuchtete im Hinblick auf den Titel seines Referats, dass Aussagen von Funktionären der Alternative für Deutschland nicht schlüssig seien. Die große Gefahr bestehe darin, dass wie in der Weimarer Republik extreme Gruppierungen und Parteien die Verfassung dazu nutzen, „über die Hintertür an die Macht zu kommen“. Den aufgeklärten Nationen in der westlichen Welt habe man schon einmal ein Volk gegenübergestellt, das nach innen und nach außen als geschlossene Einheit, einem Befehl folgend, angetreten sei. Viele Menschen hätten heute Angst vor der Zukunft. Da müsse Krisenbewältigung solidarisch und nicht fremdenfeindlich betrieben werden.
Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung sei gegen die AfD. Schließlich sollte man auch bedenken, dass Deutschland seit über 50 Jahren in Frieden lebe und sich zu einer pluralistischen Gesellschaft entwickelt habe, in der schon viele andere Kulturen eingeflossen seien. Bestimmte Ansichten, wie im Hinblick auf die Rechte der Frauen, dürften aber nicht aufs Spiel gesetzt werden und die Herkunft dürfe dabei keine Rolle spielen. Wer AfD wähle, wolle nicht die Lösung von Problemen, sonder nur seinen Hass ausleben.
Salzborn stellte die Frage, was man tun könne, denn die politische Landschaft sei durcheinandergewirbelt. Natürlich könne sich der Bürger auswählen, welche politischen Inhalte ihm gefallen. Wichtig sei der AfD dabei, dass sie in die Presse komme, um anderen Parteien etwas entgegensetzen zu können. Nicht alle Bürger, die dieser Partei die Stimme geben, seien rechtsradikal und die Bildung habe nichts mit dem Wahlverhalten zu tun. Ohnehin gebe es in der Bevölkerung schon seit Jahren einen Anteil von rund 25 Prozent, die fremdenfeindlich eingestellt sei, aber nicht unbedingt einer rechten Partei angehöre.
Im Referat wurde deutlich, dass Fremdenfeindlichkeit ein komplexes Thema sei, bei dem man nicht auf alle Aspekte eingehen könne. Nicht angesprochen wurden in der Veranstaltung abweichende Rechtsvorstellungen der Migranten, was beispielsweise die Stellung der Frauen angeht. Bei Asylbewerbern bestehe großer Aufklärungsbedarf über die Kultur Deutschlands, so Salzborn.